Im Zeichen der Nautiliden – Erdkundeexkursion der Klassen 10la und 10lb in das Zementwerk Lengerich


Unter Geologen ist er ein Star, der 2008 zum Fossil des Jahres gewählte, weltgrößte Ammonit aus dem westfälischen Kreidesteinbruch bei Seppenrade. Steht man neben diesem etwa 80 Millionen Jahre alten, 3,5 Tonnen schweren Ungetüm mit einem Durchmesser von ca. 1,80 Metern im Naturkundemuseum in Münster, ist man einerseits fasziniert ob der evolutionären Entwicklung, andererseits kommt man ins Grübeln, woher dieser Koloss so viel „Kalk“ bekam und wie er ihn in sein Gehäuse – als Aragonit –  einlagern konnte, um es u.a. mit Hilfe von Proteinen gleichzeitig fest, elastisch und leicht zu gestalten….. Und wo Kalk ist, ist auch das heutige atmosphärische Spurengas Kohlenstoffdioxid nicht weit! So wurde die Idee geboren, „dieses Tier“ als spannendes Intro für die Unterrichtsreihe „Zusammensetzung und Vorgänge der Erdatmosphäre“ in Klasse 10 zu verwenden. Im Rückschluss sollte über eine chemische Analyse des Ammonitengehäuses Bezug zur abiogenen Umgebung, sprich Kreidemeer, genommen werden, das wiederum mit der Erdatmosphäre im Gasaustausch stand. Als „Haustier“ wurde allerdings nicht ein ausgestorbener, fossiler Ammonit, sondern ein verwandter, heute noch in den Ozeanen lebender, Kopffüßer, der Nautilus, gewählt, von dem ein Gehäuse in der Biosammlung vorliegt. Kurz: Die Analyse gelang und damit – über die Prozesse von Gaslöslichkeit in Wasser – auch der Einstieg in die Zusammensetzung der Atmosphäre und den CO2– bzw. Kohlenstoffkreislauf. Hier spielen die Vorgänge von Kalkbildung und Kalklösung eine zentrale Rolle, was letztendlich Anlass gab, den Kalkabbau genauer unter die Lupe zu nehmen und das Zementwerk im westfälischen Lengerich aufzusuchen.

Beim Besuch des Zementwerks „Dyckerhoff“ staunten die Schülerinnen und Schüler, denn hier ist alles riesig! Der riesige Steinbruch im Teutoburger Wald, die darin werkelnden, riesigen Hydraulikbagger, Radlader und 50t-Schwerlastkipper, das riesige, 25.000 t fassende Rohmateriallager mit fein gebrochenem, mergeligem Kalkstein aus dem mesozoischen Kreidemeer, die riesigen Rohmühlen, in denen der Kalkmergel fein gemahlen und getrocknet wird, die über 100 Meter hohen Vorratssilos und nicht zuletzt der riesige Drehofen, in dem das Zementrohmaterial bei bis zu  1450°C zu Portlandklinker gebrannt wird, lassen Menschen dazwischen wie winzige Ameisen erscheinen. Die beiden in Sachen Zement höchst erfahrenen Exkursionsführer, die ihr ganzes Arbeitleben hier verbracht hatten, erklärten den Exkursionisten alle Vorgänge der Zementherstellung detailgenau von der Sprengung des Gesteins, über das Brennen bis hin zum Packen in Zementsäcke, die jeder „Häuslebauer“ kennt. Auch wurden die Qualitätsanalyse im Labor, der Zentralleitstand, das „Herz“ der Anlage sowie die umfassenden, sehr strengen Umweltschutzmaßnahmen, z.B. diverse Filter und Geräuschschutzmaßnahmen und die Verwendungsmöglichkeiten diverser Zementsorten nicht ausgespart. Der sprichwörtliche Höhepunkt war das per Fahrstuhl zu erklimmende Hochsilo vor dem Drehofen, von wo man einen umwerfenden Rundumblick in die Westfälische Bucht und den Teutoburger Wald hat.

Da auf dem Werksgelände neben der sich heute in Betrieb befindlichen Hightechzementanlage auch noch ausrangierte Anlagen stehen, kann man sehr schön die Genese des Zementwerks erkennen. Diese vor sich hin rostende Industriebrache verströmt den morbiden Charme der Destruktion und lässt einen an durch Hollywood bekannte Endzeitfilme denken. Hier wurde der besondere, quasi einmalige Blick ins Innere eines Drehofens gewährt, der aufgeschnitten, durch den Besucher von der Brennerseite her begehbar ist, sodass man die Schamottsteinausmauerung in dem „fußballfeldlangen“ Stahlrohr erkennen kann. Nach zwei Stunden höchst kurzweiliger Führung durch das 1872 gegründete Zementwerk , das mit seiner Jahreskapazität von 1,8 Mio Tonnen zu den größten und modernsten Zementwerken in Deutschland zählt, waren die meisten Fragen über den Baustoff, den schon die Römer kannten, geklärt. Hier sei noch einmal der „Führungscrew“ um Herrn Snethkamp gedankt! Wir kommen wieder! Mit diesem Gedanken klang die Exkursionsfahrt auf der Autobahnraststätte Lengerich aus, wo die Exkursionisten die lang ersehnten „Boulettenbrötchen“ zweier Großanbieter goutieren konnten….

Gahm

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