Psychische Erkrankungen: Aufklärung notwendig zum Abbau von Vorurteilen


Exkursionen des Seminarfachs `Soziales Seminar´

Das Wichtigste vorab: Jemand, der Stimmen hört, visuelle Halluzinationen hat oder bestimmte Handlungen zwanghaft ausführt ist nicht ´verrückt´. Viele Symptome, die auch Symptome psychischer Erkrankungen sind, gehören für zahlreiche Menschen zum Alltag. Aber wenn eine Person unter der Situation leidet, es ihr nicht gut geht mit derartigen Erfahrungen, wenn sie sich oder andere gefährdet, oder wenn sie Hilfe einfach gut gebrauchen kann, dann sollte sie sich diese Hilfe auch holen. Die Diagnose wird von Fachkräften dann ganz individuell gestellt und ist notwendig für eine weitere Therapie. ´Verrückt´ ist hier immer noch niemand. Es kann aber sein, dass die Wirklichkeit zeitweise anders als bei den meisten Menschen wahrgenommen wird, die Gefühle andere sind als ein Außenstehender erwarten würde oder dass Gefühle gänzlich fehlen. Eine Verurteilung des Menschen ist völlig fehl am Platz, vielmehr ist Hilfe geboten, um das Leben für den betroffenen Menschen wieder schöner zu gestalten.

Dass es diese Hilfen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt und wie in psychiatrischen Einrichtungen auch im Umkreis von Bersenbrück gearbeitet wird, haben die 21 Schülerinnen des Seminarfachs ´Soziales Seminar´ unter der Leitung von Anne Zech bei ihrem Besuch im Ameos-Klinikums Osnabrück und in der Clemens-August-Jugendklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in Neuenkirchen erfahren. Bereits im Vorfeld hatten sich die Zwölfklässlerinnen mit verschiedenen psychischen Erkrankungen auseinandergesetzt. Die Exkursionen sollten einen genaueren Einblick von Fachpersonal in die Arbeit mit Betroffenen geben.

Die Schilderungen der referierenden Pflegekräfte aus ihrer konkreten Arbeit mit Betroffenen waren für die Schülerschaft besonders interessant.

Im Ameos-Klinikum wurde unter anderem ein Video gezeigt, das die Erfahrung einer an Schizophrenie erkranken Person widerspiegeln soll. Unter der Einbeziehung von Erkrankten war das Video entwickelt worden. Die Reaktionen des Kurses waren eindeutig: Eine solche Erfahrung müsse sehr anstrengend und belastend sein, wenn sogar das Ansehen des Films schon so anstrengend und nur schwer auszuhalten sei.

Die Einordnung der Referentin nach Fragen an drei ihrer Patient*innen zeigt die Individualität der Symptome einer Schizophrenie-Erkrankung: Eine erste erkrankte Person stimmte zu, dass ihre Empfindungen während einer schizophrenen Phase in dem Video exakt wiedergegeben seien. Eine zweite Person wies die Heftigkeit der Empfindung von sich, bei ihr gehe die Wahrnehmung unter einer schizophrenen Episode aber in die dargestellte Richtung. Eine dritte Person erlebte schizophrene Episoden gänzlich anders.

Wichtig zu wissen ist, dass an Schizophrenie erkrankte Menschen gut mit ihrer Erkrankung umgehen lernen können. Schizophrenie ist zwar eine Erkrankung des Denkens und der Wahrnehmung, hat aber keine Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten. Manche Menschen können nach einer schizophrenen Phase genau erzählen und beurteilen, was sie gedacht haben und können auch Wahnwahrnehmungen als solche erkennen.

Das Beispiel eines an Schizophrenie erkrankten Gymnasiallehrers zeigt, dass psychisch erkrankte Menschen oft noch Stigmatisierung erfahren. Der Lehrer konnte mit seiner Erkrankung gut umgehen, sie beeinträchtigte ihn nicht in seiner täglichen Arbeit. Nach einigen Wochen Behandlung in der Psychiatrie überlegte er mit dem Pflegepersonal, ob er seine Erkrankung in seinem Kollegium erzählen solle. Das medizinische Personal kam zu dem Schluss, dass eine allgemeine Empfehlung nicht gegeben werden könne. Der Lehrer entschied sich schließlich gegen eine Veröffentlichung seiner Erkrankung.

Da im Ameos-Klinikum Osnabrück auch ein Maßregelvollzug untergebracht ist, wurde auch dies im Vortrag thematisiert. Bemerkenswert ist, dass die Rückfallquote nach einem Aufenthalt im Maßregelvollzug um ein Vielfaches niedriger ist als diejenige nach dem Verbüßen einer Haftstrafe. In den Maßregelvollzug kommen Menschen, die straffällig geworden sind, aber zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig waren, weil sie an einer akut vorhandenen psychischen Beeinträchtigung litten. Diese Straftäter*innen werden nicht mit einer Haftstrafe belegt, sondern in der forensischen Psychiatrie (=Maßregelvollzug) behandelt. Hier ist nicht nur die Therapie, sondern sind auch die Eingliederungshilfen für ein Leben nach dem Aufenthalt deutlich besser als in Strafregelvollzug.

 

Im Dezember später durften die Teilnehmerinnen des Seminarfachs dann durch einen Wohnbereich der Clemens-August-Jugendklinik gehen. Dort war überall liebevoll weihnachtlich geschmückt. Der große Küchenbereich und die zahlreichen Freizeitmöglichkeiten waren beeindruckend.

Ähnlich wie im Ameos-Klinium können verschiedene Therapien durchgeführt werden. Je nach Krankheitsbild und Person wird zwischen Psychotherapie, Mototherapie, Ergo-, Kunst-, Musik-, Kreativtherapie oder Medizinischer Therapie gewählt und kombiniert. Auch gemeinsame Erlebnisse machen den Aufenthalt in der Klinik zu einer bereichernden Zeit. Kleinere Dienste (z. B. Küchendienst) müssen wie zu Hause übernommen werden und auch Schulunterricht wird in Kleingruppen von etwa drei Kindern oder Jugendlichen pro Lehrkraft ausgebracht. In kleinen, freundlich gestalteten Unterrichtsräumen wird Schulstoff erarbeitet, den die Lehrkräfte der eigentlichen Schulen der Kinder bereitstellen.

 

Fazit: Dass es Menschen mal nicht gut geht, ist ganz normal. So wie es viele Menschen gibt, die körperlich krank sind, gibt es viele, die an psychischen Problemen leiden. Beides muss nicht von Dauer sein, mit vielem kann man zu leben lernen.

Wenn es dir mal nicht gut geht, hol dir Hilfe. Es gibt sie!

 

Ansprechpersonen in der Schule:

Sabrina Bendig (Schulsozialarbeiterin, Mail: bendig@invia-quakenbrueck.de)

Holger Moormann (Beratungslehrer, Mail: holger.moormann@gymbsb.net)

Patrick Döring (Schulseelsorge, Mail: helmut.patrick.doering@gymbsb.net)

Angelika Stolle (Schulseelsorge, Mail: angelika.stolle@gymbsb.net)

Verena Kaumkötter (Schulseelsorge, Mail: verena.kaumkoetter@bistum-osnabrueck.de)

und natürlich deine (Klassen-)Lehrer*innen