Sie sind wieder da!


Fünfjähriges Brutjubiläum eines Austernfischerpaares auf dem Dach des Bersenbrücker Gymnasiums

Auch in diesem Frühjahr wurde das gymnasiale Umfeld zum umtriebigen Tatort einer im Binnenland sonst eher selten anzutreffenden Austernfischerfamilie, die hier mit ornithologischer Inbrunst zum fünften Mal auf dem Dach des Bersenbrücker Gymnasiums brütete und im Umfeld der Schule ihre Jungen großzog. Im letzten Jahr bot sich dem früh aufstehenden Autor eine nicht alltägliche Überraschung, als er vor dem Haupteingang der Schule die plüschigen, farblich gut getarnten und dadurch schwer erkennbaren Watvogelküken sitzen sah.

Erst beim Nähertreten versuchten die vor kurzem geschlüpften Vogelküken, dicht an der Hauswand entlang trippelnd, in kleinen Intervallen sich duckend, dem „Feind“ zu entgehen. Ihr bräunlich geflecktes Gefieder, ursprünglich an Sandwatt und Dünen angepasst, verschmolz dabei mit der sandfarbenen Hauswand optimal. Gleichzeitig stürzte sich eines der Austernfischereltern mit gezielten Angriffsflügen auf den „Störenfried“, den roten Schnabel wie eine Harpune weit vorgereckt, im Abflug laut kreischend, um so von den Kleinen abzulenken….. Die folgenden Wochen gewährte das emsige Vogelfamilienidyll der gesamten Schule den quasi lehrbuchhaften Einblick in die Aufzucht von Austerfischer-küken. Ein Elternteil führte die drei Jungen über die großen Rasenflächen vor dem Musiksaal und pickte allerlei Bodenbewohner, vor allem weiche, „fette“ Regenwürmer der Gattung Lumbicus terrestris, aus dem Untergrund, um sie an den hungrigen Nachwuchs zu verfüttern. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Vogeljungen sehr schnell von den Eltern lernen, Beute zu machen und zum anderen werden sie im Binnenland bis zu sechs Wochen eher selbstständig als ihre Wattkollegen, da diese sich mit harten Schnecken, Muscheln und Krebsen herumquälen müssen. Hier ist der Nachwuchs länger auf die Hilfe der harten Schnäbel der Eltern angewiesen, während ein Regenwurm auch schon mit noch nicht ausgehärtetem Schnabel verschlungen werden kann! Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Wattvögel aufgrund von Umweltproblemen nicht mehr genug Herz- und Miesmuscheln als Nahrung finden, sodass sie gezwungen sind, ins Binnenland auszuweichen. So sank die Zahl der Austernfischer-Brutpaare allein im schleswig-holsteinischen Watten-meer in den letzten 15 bis 20 Jahren um 50 Prozent auf nur noch 10.000 Paare! Die Konsequenz: Der charakteristische Küstenvogel wurde zum Seevogel des Jahres 2014 gekürt, um auf die Problematik aufmerksam zu machen……! Die täglichen Fütterungsstreifzüge ums Schulhaus wurden vom zweiten Elternteil aufmerksam überwacht, der immer auf dem Schuldachrand Ausguck bezog, um nach Gefahren wie Dohlen und Elstern Ausschau zu halten. Bei Annäherung geriet er in helle Aufregung und warnte mit durchdringenden „kliep“ „kliep“ „kliep“-Rufen, die selbst in den hinteren Biologieräumen zu hören waren, die Jagdgruppe auf dem Rasen. Der „Austernfischerspuk“ endete so abrupt wie er begonnen hatte und so freuen wir uns auf das nächste Jahr, in der Hoffnung, dass sich die Vögel erinnern und dann wieder das Schulgelände bereichern. Denn, Kinder im gymnasialen Umfeld auf das Leben vorzubereiten, kann ja nicht die schlechteste (Austernfischer)-Idee sein…. Gahm (Fotos: Brockhage)