Industriestandortfaktoren einmal anders!


Exkursion Kabelmetall 150616 026Exkursion des Erdkunde Grund- und Leistungskurses 11 nach Osnabrück zur „KME – Kabelmetall“

Die Zeugnisnoten stehen fest, bis zu den Sommerferien sind es nur noch wenige Tage, da könnte man ja einen Film…..! Nein, das hatten wir ja schon! Da waren sich die beiden Geographielehrer Jürgen Gundlach und Peter Gahm einig. Sinnvoll wäre eine Exkursion über ein Thema, das einerseits kursübergreifend und andererseits auch global gültig sein sollte. Hier bieten sich die „Industriestandortfaktoren“, also Infrastrukturen, Arbeitskräfte, Agglomerationsvorteile, Rohstoffe, Energiequellen, Absatzmarkt, usw., sog. „harte Standortfaktoren“ bzw. Werbewirksamkeit, Wohn- und Freizeitwert des Standortes oder persönliche Gründe der Arbeitsnehmer, diesen zu wählen, sog. „weiche Standortfaktoren“, an, die man auf alle Industrietypen weltweit anwenden kann, sodass sie in Bezug auf die drei aktuell abiturrelevanten Kursthemen „Deutschland in Europa“, „Russland und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion“ sowie „Raum Südostasien“, in denen spezifische Industrien eine zentrale Rolle spielen, auch als Exkursionsthema lernfördernd wirken. Das Thema war damit klar, also fehlte noch das passende Objekt in erreichbarer Nähe. Ein weißer Fleck auf der „geographischen Agenda“ der beiden Fachlehrer war schnell gefunden: „KME – Kabelmetall Osnabrück“, eine der regional bekanntesten, global agierenden Unternehmen aus der Industrietypklasse der „Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie“.

KME SchmelzofenKME unterhält 15 Produktionsstätten in Deutschland/Europa sowie den USA und China. Die drei Unternehmensbereiche eines der größten Hersteller von Erzeugnissen aus Kupfer und Kupferlegierungen gliedern sich in „Rohrsyteme und Walzerzeugnisse“, „Sondererzeugnisse“ sowie „Messingerzeugnisse“. Schon daran erkennt man, dass Kupfer als Werkstoff ein Tausendsassa ist, der uns alltäglich begegnet, nicht nur in Form von klassischen Kupferdächern oder als Baustoff wetterfest verkleideter, optisch eindrucksvoller Hausfassaden, sondern und vor allem auch in den innovativen technischen Einrichtungen der modernen Kommunikations- und Elektrotechnik unserer Informations-gesellschaft oder im Automobilbau. Weitere Verwendung findet Kupfer in Heiz- und Kühlungsrohren, Schiffsbau und Offshore-Installationen, als Gefäßmaterial in Braubottichen von Bierbrauereien, als Anoden beim Verkupfern oder als Legierungsmaterial verschiedener Legierungen wie Bronzen und Messing. An dieser Stelle muss die täglich genutzte Euromünze genannt werden, die bei KME als Rohling produziert wird.

Kupfer – der Name leitet sich von lat. „Cuprum“ ab, mit dem Hinweis auf Zypern (Cyprum), d.h. „das Erz von der griechischen Insel Zypern“, auf der im Altertum Kupfer gewonnen wurde – war eines der ersten Metalle, das die Menschheit in ihrer Genese verwendete. Schlaglichtartig soll hier nur an die „Bronzezeit“ (ca. 2000 – 800 v. Chr.) oder die Bronzehelme und Brustpanzer antiker Hopliten des griechischen Dichters Homer erinnert werden, die die junge Generation höchstwahrscheinlich nur aus dem Film „Troja“ kennen, wo u.a. Prad Pitt, den Achilles verkörpernd, diesen Werkstoff anschaulich demonstriert hat oder an die Bronzekanonen des „berühmten“ Filmpiraten „Jack Sparrow“, den fast jeder Schüler kennt, anlehnend an die Historie der Karibikfreibeuter des 17. Jahrhunderts wie Henry Morgan oder Blackbeard…..

KME WalzwerkAber nun zurück zum Rundgang durch das 540.000 m2 große Werksgelände der KME, das ca. 163, zum Teil denkmalgeschützte und damit bauhistorisch interessante Gebäude aufweist. Nach der einleitenden Begrüßung folgte die Vorführung eines informativen Films über die wesentlichen Produktions-prozesse, Standortfaktoren und Historie des 1873 gegründeten Werks. Mit diesem Grundwissen mental gerüstet, war nun die „Hardware“ dran. Jeder Exkursionsteilnehmer erhielt Sicherheitsschuhe, Warnweste, Schutzhelm nebst Schutzbrille und zuletzt einen Funkkopfhörer, damit auch bei Lärm Erklärungen der sechsköpfigen Führungscrew gehört werden konnten.

Und los ging es, immer dem „Weg der Wertschöpfung bzw. Veredlung“ des Schwermetalls folgend. Die Wertschöpfung bei KME umfasst alle Stufen der Veredlung des Ausgangsmaterials Kupfer zu Halbzeugen, die weiter verarbeitet werden und Fertigprodukten. Kathoden, das sind Kupferplatten aus der Kupferverhüttung und Sekundärrohstoffe aus dem Recycling werden zunächst eingeschmolzen, ggf. raffiniert und kontinuierlich im Strang zu „Brammen“, d.h. mehrere Meter langen, massiven Rohkupferquadern oder runden „Billets“ vergossen. Am Anfang steht  also der höchst imposante Schmelzofen, in dem Kupfer bei ca. 1083 °C verflüssigt wird. Nicht weniger beeindruckend waren die sich anschließenden Verformungsprozesse. Im Walzwerk werden die Brammen zu Bändern, Tafeln oder Platten verschiedener Dicke, Breite und Qualität umgeformt. KME Wasserturm und historische GebäudeZum weltweiten Versand rollt man z.B. die Kupferbänder dann zu sog. „Coils“ zusammen, „Riesenkupferschnecken“, die per LKW, Bahn oder Schiff zur Endverarbeitung gelangen. In Pressen, das sind hydraulische „Kraftprotze“, die mehrere Tausend Kilonewton Druck aufbauen können, entstehen aus den runden Kupferbillets durch Strangpressen und Ziehen Rohre, Profile und Kupferstangen, die z.T. durch spanabhebende Verfahren weiter veredelt werden. Nach ca. drei Stunden höchst spannender, aber auch launiger Führung, die Führungscrew wechselte sich an den einzelnen Stationen ab, wurde der Rundgang beendet. Hier sei den „Jungs“ von der KME gedankt, die keine der Exkursionistenfragen unbeantwortet ließen und sich als echte Profis ihres Fachs auswiesen. „Traditionsgemäß“ endete die Exkursion dann in einer von Schülern heiß geliebten „Boulettenschmiede“ und leider nicht in der von der Führungscrew sehr gelobten Werkskantine. Die werden wir beim nächsten Besuch testen, denn wir kehren mit Sicherheit wieder!

Gahm