Industriegeographie live


 

Exkursion der Klasse 9d nach Osnabrück zur „KME – Kabelmetall“

„Industrieanlagen stehen nicht ohne Grund in der Landschaft herum!“ Das weiß jeder Laie. Nur welche Faktoren den Ausschlag geben, dass der eine oder andere Industrietyp entsteht, das herauszufinden, ist Sache der Geographen. In diesem Fall war es der Unterrichtsinhalt der Klasse 9d, die sich mit den so genannten Industriestandortfaktoren und deren Wandel über die Zeit beschäftigten. Das Paradebeispiel eines Strukturwandels von Standortfaktoren ist in Deutschland das Ruhrgebiet. Hier liegen die wesentlichen Fakten, Kohle, Erz, Wasser und deren Bedeutungswandel recht klar auf der Hand. Kniffliger wurde es dann im Raum Osnabrück. Warum gibt es in Georgsmarienhütte eine Stahlindustrie? Als geologische Basis recherchierten die Schülerinnen und Schüler der 9d die Quelle: wie im Ruhrgebiet das etwa 300 Millionen Jahre alte Europäische Karbon, das im Raum Osnabrück in den drei Karbonhorsten „Hüggel“ bei Hasbergen, „Schafberg“ bei Ibbenbüren und vor der Haustür im „Piesberg“ zu Tage tritt und damit die Energieversorgung adäquat dem Ruhrgebiet sicherte. Erze kamen u.a. aus dem „Hüggel“ und Platz war in GMHütte auf der großen Freifläche von ca. 100 ha aus dem  Besitz der Hannoveraner Klosterkammer ebenfalls vorhanden. Als ein Schüler dann die KME Osnabrück ins Spiel brachte, die in Osnabrück Kupfer verarbeitet, das nicht vor Ort abgebaut wurde bzw. wird, war ein Industrierätsel zu lösen, das man „nur“ live, am besten durch eine Exkursion, lüften konnte…

Das heißt, die „Industriestandortfaktoren“, also Infrastrukturen, Arbeitskräfte, Agglomerationsvorteile, Rohstoffe, Energiequellen, Absatzmarkt, usw., sog. „harte Standortfaktoren“ bzw. Werbewirksamkeit, Wohn- und Freizeitwert des Standortes oder persönliche Gründe der Arbeitsnehmer, diesen zu wählen, sog. „weiche Standortfaktoren“ waren hier vor Ort in einer Werksbesichtigung zu klären.

 „KME – Kabelmetall Osnabrück“ ist eines der regional bekanntesten, global agierenden Unternehmen aus der Industrietypklasse der „Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie“.

KME unterhält Produktionsstätten in Deutschland/Europa sowie den USA und China. Die drei Unternehmensbereiche eines der größten Hersteller von Erzeugnissen aus Kupfer und Kupferlegierungen gliedern sich in „Rohrsyteme und Walzerzeugnisse“, „Sondererzeugnisse“ sowie „Messingerzeugnisse“. Schon daran erkennt man, dass Kupfer als Werkstoff ein Tausendsassa ist, der uns alltäglich begegnet, nicht nur in Form von klassischen Kupferdächern oder als Baustoff wetterfest verkleideter, optisch eindrucksvoller Hausfassaden, sondern und vor allem auch in den innovativen technischen Einrichtungen der modernen Kommunikations- und Elektrotechnik unserer Informations-gesellschaft oder im Automobilbau. Weitere Verwendung findet Kupfer in Heiz- und Kühlungsrohren, Schiffsbau und Offshore-Installationen, als Gefäßmaterial in Braubottichen von Bierbrauereien, als Anoden beim Verkupfern oder als Legierungsmaterial verschiedener Legierungen wie Bronzen und Messing. An dieser Stelle muss die täglich genutzte Euromünze genannt werden, die bei KME als Rohling produziert wird.

Kupfer – der Name leitet sich von lat. „Cuprum“ ab, mit dem Hinweis auf Zypern (Cyprum), d.h. „das Erz von der griechischen Insel Zypern“, auf der im Altertum Kupfer gewonnen wurde – war eines der ersten Metalle, das die Menschheit in ihrer Genese verwendete. Schlaglichtartig soll hier nur an die „Bronzezeit“ (ca. 2000 – 800 v. Chr.) oder die Bronzehelme und Brustpanzer antiker Hopliten des griechischen Dichters Homer erinnert werden, die die junge Generation höchstwahrscheinlich nur aus dem Film „Troja“ kennen, wo u.a. Prad Pitt, den Achilles verkörpernd, diesen Werkstoff anschaulich demonstriert hat oder an die Bronzekanonen des „berühmten“ Filmpiraten „Jack Sparrow“, den fast jeder Schüler kennt, anlehnend an die Historie der Karibikfreibeuter des 17. Jahrhunderts wie Henry Morgan oder Blackbeard…..

Aber nun zurück zum Rundgang durch das 540.000 m2große Werksgelände der KME, das ca. 163, zum Teil denkmalgeschützte und damit bauhistorisch interessante Gebäude aufweist. Nach der einleitenden Begrüßung folgte die Vorführung eines informativen Films über die wesentlichen Produktions-prozesse, Standortfaktoren und Historie des 1873 gegründeten Werks. Mit diesem Grundwissen mental gerüstet, war nun die „Hardware“ dran. Jeder Exkursionsteilnehmer erhielt Sicherheitsschuhe, Warnweste, Schutzhelm nebst Schutzbrille und zuletzt einen Funkkopfhörer, damit auch bei Lärm Erklärungen der sechsköpfigen Führungscrew gehört werden konnten.

Und los ging es, immer dem „Weg der Wertschöpfung bzw. Veredlung“ des Schwermetalls folgend. Die Wertschöpfung bei KME umfasst alle Stufen der Veredlung des Ausgangsmaterials Kupfer zu Halbzeugen, die weiter verarbeitet werden und Fertigprodukten. Kathoden, das sind Kupferplatten aus der Kupferverhüttung und Sekundärrohstoffe aus dem Recycling werden zunächst eingeschmolzen, ggf. raffiniert und kontinuierlich im Strang zu „Brammen“, d.h. mehrere Meter langen, massiven Rohkupferquadern oder runden „Billets“ vergossen. Am Anfang steht also der höchst imposante Schmelzofen, in dem Kupfer bei ca. 1083 °C verflüssigt wird. Nicht weniger beeindruckend waren die sich anschließenden Verformungsprozesse. Im Walzwerk werden die Brammen zu Bändern, Tafeln oder Platten verschiedener Dicke, Breite und Qualität umgeformt. Zum weltweiten Versand rollt man z.B. die Kupferbänder dann zu sog. „Coils“ zusammen, „Riesenkupferschnecken“, die per LKW, Bahn oder Schiff zur Endverarbeitung gelangen. In Pressen, das sind hydraulische „Kraftprotze“, die mehrere Tausend Kilonewton Druck aufbauen können, entstehen aus den runden Kupferbillets durch Strangpressen und Ziehen Rohre, Profile und Kupferstangen, die z.T. durch spanabhebende Verfahren weiter veredelt werden. Nach ca. drei Stunden höchst spannender, aber auch launiger Führung, die Führungscrew wechselte sich an den einzelnen Stationen ab, wurde der Rundgang beendet. Hier sei den „Jungs“ von der KME gedankt, die keine der Exkursionistenfragen unbeantwortet ließen und sich als echte Profis ihres Fachs auswiesen. Nun war den Exkursionsteilnehmern klar, warum KME in Osnabrück  liegt. Verkehrstechnisch ist Osnabrück sehr gut ausgestattet, denn hier gibt es einen quasi internationalen Kanalanschluss mit Hafen, überregionale Autobahnanbindungen und ein bundesweit einmaliges Eisenbahnkreuz in den vier Haupthimmelsrichtungen. Also kann das KME-Werk sehr gut mit Rohkupfer versorgt und die Produkte mit allen drei Verkehrsträgern in Deutschland, Europa und darüber hinaus verteilt werden. Arbeitkräfte gibt es genügend vor Ort und Osnabrück hat dazu noch einen hohen Wohn- und Freizeitwert. Das wäre also geklärt…..

„Traditionsgemäß“ endete die Exkursion dann in einer von Schülern heiß geliebten „Bouletterien“ mit einer Nachbesprechung, auf der eine weitere Exkursion ins Auge gefasst wurde – die Erkundung des Piesbergs oder des Hüggels. (Bild und Text Gahm)